Wasserwirtschaft heute für die Zukunft gestalten
Wupperverband stellt sein Arbeitsprogramm vor: Projekte zur Klimafolgenanpassung, Anlagenoptimierung, Gewässerentwicklung
Pressemitteilung vom 07.02.2024
Die Wasserwirtschaft im Wuppergebiet weiter entwickeln - unter diesem Motto stehen die zahlreichen Projekte und Aufgabenstellungen des Wupperverbandes. Das ambitionierte Arbeitsprogramm für 2024 stellten Claudia Fischer, Verbandsratsvorsitzende, Ingo Noppen, Vorstand, und Thomas Klein, ständiger Vertreter des Vorstands und Geschäftsbereichsleiter Technik beim Pressegespräch in Wuppertal vor.
Dezember: Talsperren haben Überschwemmungen verhindert
Dauerregen und Hochwasser waren über Weihnachten und Silvester ein beherrschendes Thema. Besonders hohe Niederschlagsmengen waren im Wuppereinzugsgebiet gefallen. Vom 19.12. bis zum 5.1. regnete es an der Messstelle Bever-Talsperre 340 l/m². Somit fiel etwa ein Viertel eines durchschnittlichen Jahresniederschlags dieser Messstelle im Zeitraum von nur zweieinhalb Wochen.
Mit seinem proaktiven Talsperrenmanagement hat der Wupperverband durch Ausnutzung der Freiräume und frühzeitige Talsperrenabgaben wirksam die Pegelstände im Unterlauf der Wupper reduziert und Überschwemmungen verhindert.
Der Zufluss zur Wupper-Talsperre aus dem oberen Gebiet der Wupper lag in der Spitze am 25.12.bei rund 91 m³/s. Die Abgabe aus der Talsperre an den Unterlauf betrug zu diesem Zeitpunkt hingegen nur 42 m³/s. Das bedeutet, 54 % der zufließenden Wassermenge wurden in der Talsperre gepuffert und nur 46 % an den Unterlauf der Wupper abgegeben. Ohne den Rückhalt im Talsperrensystem hätte es in Bereichen wie Wuppertal-Beyenburg und Kohlfurth Überschwemmungen gegeben. Auch in weiter flussabwärts liegenden Gebieten war die dämpfende Wirkung der Talsperren noch sehr deutlich.
Allein der Wupper-Talsperre sind in dem genannten Zeitraum rund 70 Mio. m³ Wasser zugeflossen. Das bedeutet, dass die Steuerentscheidungen gut getroffen waren, um den Unterlauf zu schützen. Die Freiräume wurden so gut ausgenutzt, dass über die vielen Regentage fast die dreifache Menge des Stauraumes der Wupper-Talsperre (25,6 Mio. m³) gepuffert wurde.
Zukunftsprogramm Hochwasserschutz: Umsetzungsfahrplan verabschiedet
Der sehr ergiebige Dauerregen über Weihnachten und Silvester, die Regenmengen der Vormonate sowie die Erwärmung der Ozeane sind eine klare Auswirkung des Klimawandels. Um sich an häufiger auftretende und extremer ausgeprägte Klimafolgen wie Trockenheit, Starkregen und Hochwasser weiter anzupassen, hat der Wupperverband für seinen Verantwortungsbereich das Zukunftsprogramm Hochwasserschutz mit sechs Handlungsfeldern aufgestellt: https://www.wupperverband.de/zukunftsprogramm-hochwasserschutz
Nach einem Analyse- und Priorisierungsprozess hat er einen Umsetzungsfahrplan mit 200 Maßnahmen erstellt, der im Dezember von den Mitgliedern beschlossen wurde. Die Projekte wird der Verband für und in enger Zusammenarbeit mit den Kommunen umsetzen. Der Zeithorizont wird auf ca. 20 Jahre angelegt sein. Der Kostenrahmen liegt nach heutiger Einschätzung bei rund 200 bis 250 Mio. Euro.
Zu den aktuellen Projekten des Umsetzungsfahrplans gehören u.a. der Bau des kombinierten Hochwasser- und Regenrückhaltebeckens Bornberg in Wuppertal, die Machbarkeitsstudie für Beyenburg, die Anpassung der Talsperrensteuerung sowie Entwicklung neuer Betriebsregeln, Fortsetzung des Hochwasserschutzes am Eschbach, Ufermauerprojekte, Gewässerprojekte und vieles mehr.
HWS 4.0: Vorhersage mit KI verbessern
Ein Baustein des Zukunftsprogramms ist das Gemeinschaftsprojekt „Bergisches Hochwasserschutzsystem 4.0“. Dafür sind 2024 einige Meilensteine geplant, z. B. Anschaffung und Installation von in einem ersten Schritt rund 50 neuen Sensoren, Integration der von diesen Sensoren gelieferten Daten, Konzeption einer App für die barrierefreie Informationsdarstellung der KI-Vorhersagen. Auf dem Weg zu einer optimierten und KI-gestützten Vorhersage von Hochwasser im Wuppergebiet wird es also große Schritte vorangehen.
Risiken kommunizieren, Eigenvorsorge stärken
Hochwasser- und Starkregenvorsorge sind eine Herausforderung und Aufgabe für die gesamte Gesellschaft. Trotz aller Anstrengungen zur Optimierung der Hochwasservorsorge zum Beispiel durch den Wupperverband, hat technischer Hochwasserschutz Grenzen, und einen 100-prozentigen Schutz kann es nicht geben. Daher ist es wichtig, offen über Risiken aufzuklären und die Bevölkerung zu sensibilisieren: Denn sie ist gefordert, ihre Eigenverantwortung wahrzunehmen und Eigenvorsorge zu betreiben. Infos gibt es beim HochwasserkompetenzCentrum HKC und beim Wupperverband: https://www.wupperverband.de/unsere-aufgaben/hochwassermanagement/ihre-moeglichkeiten.
Siedlungswasserwirtschaft: große Projekte und neue Aufgaben
Im Bereich Siedlungswasserwirtschaft hat der Wupperverband derzeit viele Maßnahmen und einige Großprojekte in Planung, u.a. unter den Aspekten Verfahrens- und Prozessoptimierung, Energieeffizienz / Energieerzeugung, die auch teilweise zur Erfüllung von Anforderungen aus der derzeit diskutierten Neufassung der Kommunalabwasserrichtlinie dienen. Insgesamt plant der Verband in den kommenden 10 Jahren Investitionen in Höhe von rund 600 Mio. Euro im Bereich Siedlungswasserwirtschaft.
Für den Bau einer neuen Klärschlammverbrennungsanlage der KVB GmbH am Standort Buchenhofen des Wupperverbands liegt nun die Genehmigung vor. Im nächsten Schritt erfolgt im Frühjahr 2024 die finale Entscheidung der Anteilseigner der KVB zur weiteren Mitwirkung an dem Gemeinschaftsprojekt. Ab 2025 soll die Umsetzung starten, 2028 soll die neue hochmoderne Anlage in den Dauerbetrieb gehen.
Ebenfalls im Frühjahr steht die Weichenstellung an, ob kommunale und industrielle Abwässer von Wupperverband und Currenta nach Ablauf des laufenden Vertrages 2031 weiterhin in der Gemeinschaftskläranlage Leverkusen zusammen gereinigt werden, oder ob der Wupperverband eine eigenständige Kläranlage errichtet.
Für weitere Kläranlagenstandorte befinden sich Sanierungs- und Optimierungsmaßnahmen in Planung, z. B. für die Kläranlagen Hückeswagen und Wermelskirchen.
Zum 1. Januar 2024 hat die Schloss-Stadt Hückeswagen dem Wupperverband ihr Kanalnetz übertragen. Somit werden das Kanalnetz und 74 Bauwerke nun vom Verband bewirtschaftet, der dadurch im Sinne des Flussgebietsmanagements Wasserwirtschaft vom Kanal über die Kläranlage bis zum Gewässer gestalten kann.
Stauanlagen optimieren
Neben der Weiterentwicklung der Talsperrensteuerung als Bestandteil des Zukunftsprogramms Hochwasserschutz stehen auch Bauprojekte an den Wupperverbands-Talsperren an:
Zum Beispiel wird der Verband im Frühjahr mit Arbeiten am Wehr des Stausees Beyenburg starten. Zielsetzung ist, die Funktion der Fischbauklappe (beweglicher Teil des Wehrs) dauerhaft sicherzustellen und zu verbessern. Unter anderem werden die hydraulischen Antriebe optimiert, ein zusätzlicher Hydraulikzylinder als Redundanz eingebaut und Umbaumaßnahmen am Grundablass durchgeführt.
Voraussichtlich ab Herbst 2024 starten die Arbeiten in Sachen Betriebsgebäude am Standort Bever-Talsperre. Das bestehende Gebäude wird abgerissen und durch einen den aktuellen betrieblichen Anforderungen und modernen energetischen Standards entsprechenden Neubau ersetzt. Fertigstellung ist für 2026 geplant.
Gewässerentwicklung: Umsetzung im Wupperverband deutlich über dem Bundesdurchschnitt
Die Wupper und ihre Nebenbäche naturnah als Lebensraum zu gestalten und zu entwickeln, ist eine wichtige Aufgabe des Wupperverbandes. Dies fordert auch die EU-Wasserrahmenrichtlinie: die Fließgewässer in Europa sollen einen „guten Zustand“ erreichen bzw. dieser Zustand soll bewahrt werden. Für sein Flusseinzugsgebiet hatte der Verband einen Umsetzungsfahrplan mit 1.225 Einzelmaßnahmen aufgestellt.
Die Hälfte der Maßnahmen steht inzwischen auf grün, d.h. wurde erfolgreich umgesetzt oder hat sich als nicht erforderlich oder nicht machbar erwiesen. In der zweiten „Halbzeit“ sind nun noch 615 Maßnahmen auf der Bearbeitungsliste.
Die Erfolge aus den schon umgesetzten Projekten lassen sich bereits sehen, auch empfindliche Fischarten, Eisvögel und der Biber finden wieder einen Lebensraum. Im Gebiet des Wupperverbandes befinden sich 32 % der Gewässer im guten Zustand, der Bundesdurchschnitt liegt aktuell bei 10 %.
Nächste Projekte in Sachen Gewässerentwicklung sind die Fortsetzung des Wupperprojektes im Bereich Wuppertal Zoo bis Werksgelände von Bayer und daran anschließend der Abschnitt Bundesallee.